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Baustart für neue Infineon-Megachipfabrik Dresden im Herbst 2023: Heiko Weckbrodt, OIGER
Der Halbleiterkonzern will ein Fünftel der 5-Milliarden-Euro-Investition als Staatszuschuss – und der Bund hat prinzipiell schon mal Ja gesagt

Dresden/München, 16. Februar 2023. Infineon hat das kleine Fragezeichen hinter seinen Neubauplänen für Dresden ausradiert und sich festgelegt: Im Herbst 2023 will der bayerische Halbleiterkonzern mit dem Bau der fünf Milliarden Euro teuren Chip-Fabrik auf seinem bereits existierenden Werk-Campus im Dresdner Norden beginnen. Das hat Infineon heute in München mitgeteilt. Den Ausschlag dafür gab die prinzipielle Subventionszusage vom Bund.

EU-Beihilfeprüfung steht noch aus – dürfte diesmal aber eher eine Formalie sein

Denn das Bundeswirtschaftsministerium hat dem Unternehmen nun die „die Genehmigung für einen vorzeitigen Projektbeginn“ erteilt. Das heißt: Infineon kann losbauen und sich darauf verlassen, dass Beihilfen fließen werden, obgleich die EU-Beihilfeprüfung noch aussteht. Der Halbleiterhersteller geht von einer Milliarden Euro Zuschuss für die „größte Einzelinvestition“ in seiner Unternehmensgeschichte aus.

Intel wollte weit höhere Beihilfe-Quote

Das ist zwar erst mal eine Menge Steuergeld, nimmt sich aber nahezu bescheiden aus gegenüber Forderungen wie die von Intel aus: Der US-Konzern hat für seine geplanten Chipfabriken in Magdeburg bereits die Zusage bekommen, dass der Staat 40 Prozent der Investitionssumme zuschießt – und will jetzt noch mehr Beihilfen wegen der hohen Energiekosten in Deutschland. Demgegenüber würde die avisierte Milliarde für Infineon einer 20-Prozent-Quote entsprechen. Da im Zuge der „Wichtige Projekte von gemeinsamen europäischen Interesse“ (Ipcei) und des neuen europäischen Chipgesetzes weit höhere Quoten für strategisch wichtige Mikroelektronik-Investitionen zulässig sind, dürfte der Infineon wohl durchgehen.

1000 neue Jobs geplant, Fokus liegt auf Leistungshalbleiter und Analog-Digital-Chips

Dass die neue Fabrik den EU-Forderungen nach mehr Resilienz in den europäischen Lieferketten, nach mehr Gewicht für Europas Mikroelektronik, neuen Jobs und digitaler Unterstützung für eine Energiewende entgegenkommt, ist kaum zu bezweifeln: Die Megafab soll 2026 produktionsbereit sein, für rund 1000 neue Arbeitsplätze und etwa eine Milliarde Euro zusätzlichen Jahresumsatz sorgen. Sie wird auf 300 Millimeter großen Siliziumscheiben (Wafer) einerseits Leistungshalbleiter herstellen, andererseits gemischt analog-digitale Schaltkreise beziehungsweise Bauelemente. Und die werden beispielsweise für E-Autos, Ladegeräte für elektrische Konsumgüter, Solar- und Windkraftwerke, die Sensoren und Elektronik im „Internet der Dinge“ sowie viele andere Industriesektoren gebraucht.

Infineon-Chef rechnet mit langfristig steigendem Chipbedarf für Energiewende, Cloud und Stromer

„Wir sehen einen strukturell wachsenden Halbleiterbedarf, etwa für erneuerbare Energien, Rechenzentren und Elektromobilität“, betonte Infineon-Chef Jochen Hanebeck. „Mit dem Bau der 300-mm-Smart-Power-Fab in Dresden schaffen wir die notwendigen Voraussetzungen, um die steigende Nachfrage nach Halbleiterlösungen bedienen zu können.“

Andockmanöver an heutige Dresdner Fabs soll raschen Produktionsstart sichern

Dass die Standortwahl auf Dresden fiel, hat gute Gründe: In der sächsischen Landeshauptstadt betreibt Infineon bereits eine 300-mm-Fab für Leistungshalbleiter, zwei 200-mm-Fabriken für Logikchips und ein Entwicklungszentrum. Und auf dem Campus in Dresden-Klotzsche ist einerseits noch Platz für den großen Anbau und es liegen bereits alle Gase, Reinwasser-Leitungen, Stromleitungen und anderen Infrastrukturen an, die eine Chipfabrik eben braucht. Auf dem geplanten Baugrund gibt es derzeit noch einen Parkplatz und ein Bürogebäude mit dem Infineon-Entwicklungszentrum. Um das zu ersetzen, baut Infineon gerade eine ehemalige Druckerei im Dresdner Norden um.

„Der Ausbau der Fertigung am bestehenden Standort Dresden ermöglicht es Infineon, das Vorhaben schnell umzusetzen und bietet überdies erhebliche Skaleneffekte“, hieß es vom Unternehmen. Zudem will Infineon das dann vierte Chipwerk in Dresden mit dem Leistungshalbleiter-Standort im österreichischen Villach zu einer virtuellen Fabrik zusammenschließen, die Fertigungsaufträge flexibel hin und her schieben kann.

Förderung soll über europäisches Chip-Gesetz laufen

„Mit dem Projekt von Infineon stärken wir den Industrie- und Halbleiterstandort Deutschland“, betonte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Nach der Ansiedlung von Wolfspeed im Saarland ist das ein weiteres starkes Zeichen für die Attraktivität des Standorts Deutschland.“ Durch eine Ausnahmegenehmigung dürfe Infineon jetzt schon loslegen. „Bei Investitionsentscheidungen zählt das Tempo. Daher freue ich mich sehr, dass es uns gelungen ist, einen beschleunigten Projektbeginn zu genehmigen und dies erstmalig für ein Projekt, das unter dem European Chips Act anlaufen wird.“

IHK Dresden: Fabrik wird Sogwirkung des Silicon Saxony steigern

„Ein tolles Signal für Dresden und Sachsen, das die Attraktivität unserer Region als Wirtschaftsstandort erneut deutlich macht“, begrüßte Hauptgeschäftsführer Lukas Rohleder von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden die Nachricht aus Bayern. „Ich bin mir sicher, dass es mit dem Neubau gelingt, die internationale Bekanntheit und die Sogwirkung des mittlerweile größten Mikroelektronik- und IT-Clusters in Europa weiter zu steigern. Aber auch rein strategisch werden wir mit der neuen Infineon-Fabrik einen wichtigen Schritt auf dem Weg vorankommen, in der EU bis 2030 einen Anteil von 20 Prozent an der globalen Halbleiterproduktion zu erreichen und unabhängiger von nach wie vor bestimmenden Produzenten in Südostasien zu werden.“

Massiver Schwung für den Halbleiterstandort Dresden

Auch der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) freut sich: „Die heute angekündigte Entscheidung wird den Wirtschaftsstandort Dresden nachhaltig stärken und verleiht unserem Ziel, Dresden als wichtigsten europäischen Halbleiterstandort langfristig zu stärken, massiven Schwung“, meint der Minister. „Jetzt muss die Europäische Kommission gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten rasch für attraktive Rahmenbedingungen für weitere Investitionen sorgen.“

Dresden macht das Rennen

„Jetzt steht es fest. Die Entscheidung ist gefallen und Dresden macht das Rennen“, kommentierte Geschäftsführer Frank Bösenberg vom Branchenverband „Silicon Saxony“. „Es freut uns sehr, dass Infineon seine Produktionskapazitäten in Sachsen ausbaut. Damit wird Infineon Dresden zu einem der größten Produktionsstandorte für modernste Halbleiterprodukte in Europa.“

Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Infineon, Oiger-Archiv, IHK Dresden