DER SPIEGEL: Perspektive für deutsche Standorte: EU einigt sich auf Milliardenprogramm für Chipindustrie - mmq/dpa/AFP
Mit dem sogenannten Chips Act will die EU die Halbleiter-Produktion ausbauen und unabhängiger von Asien werden. Vor allem zwei deutsche Bundesländer dürften profitieren.
Sie stecken in Autos, Smartphones und Elektrogeräten – doch Chips sind Mangelware: Nun will die EU mit einem Milliardenprogramm gegensteuern. In Deutschland wird das begrüßt. Denn bestimmte Bundesländer sind wichtige Standorte für die Produktion von Halbleitern.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte, die Einigung beim sogenannten Chips Act sei ein »klares Signal der Wettbewerbsfähigkeit« gegenüber anderen Regionen wie Asien und Nordamerika. Europa müsse über strategische Technologien verfügen, um auf Augenhöhe agieren zu können. »Das ist ein wichtiger Schritt für Europa«, sagte der CDU-Politiker.
In Deutschland könnte vor allem Sachsen-Anhalt von der Förderung durch das Chip-Gesetz profitieren. Im März 2022 hatte der US-Chiphersteller Intel bekannt gegeben, dass in Magdeburg ab 2027 Chips der neuesten Generation produziert werden sollen. Darüber hinaus will der Chipkonzern Infineon in diesem Herbst mit dem Bau eines neuen Werks in Dresden beginnen. Es sollen rund 1000 Arbeitsplätze entstehen.
Haseloff sagte, mit der Einigung gebe es nun klar strukturierte Rahmenbedingungen für die Förderung von Investitionen in die Halbleiterindustrie.
Auch Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig bezeichnete die Einigung auf das Gesetz als »sehr gut und für Sachsen extrem wichtig«.
Dort ist das sächsische Branchennetzwerk Silicon Saxony aktiv. »Der EU Chips Act schafft Investitions- und Planungssicherheit für Halbleiterunternehmen und deren Zulieferer«, sagte dessen Geschäftsführer Frank Bösenberg.
Vor allem die europäische Zulieferindustrie in den Bereichen Chip-Design, Chemikalien, Wafer- und Maskenherstellung sowie Automatisierung werde gestärkt. Zudem beweise Europa Handlungsfähigkeit.
Abhängigkeit soll verringert werden
Am Dienstagabend war bekanntgegeben worden, dass die EU 43 Milliarden Euro für den Ausbau der Mikrochipindustrie in der Gemeinschaft mobilisieren will. Die Investitionen sollen unter anderem aus dem EU-Haushalt und der Privatwirtschaft kommen, wie die schwedische Ratspräsidentschaft mitteilte.
Europaparlament und EU-Staaten müssen der Einigung noch formell zustimmen. Das gilt aber als Formsache.
Mit dem Chip-Gesetz soll vor allem die Abhängigkeit von asiatischen Ländern verringert werden. Halbleiter werden etwa für Produkte wie Autos, Haushaltsgeräte, Handys und viele andere Waren gebraucht. Bereits während der Coronapandemie gab es weltweit Engpässe bei den gefragten Mikrochips. In der Automobilindustrie mussten Unternehmen sogar die Produktion drosseln oder einstellen.
Chips werden in zahlreichen Branchen dringend benötigt. Ziel ist es auch, dass der EU-Anteil auf dem Weltmarkt für Chips bis 2030 von knapp 10 auf 20 Prozent wächst. EU-Industriekommissar Thierry Breton betonte, die neuen Kapazitäten sollen nicht nur den eigenen Bedarf in der EU decken, sondern auch in die übrige Welt exportiert werden.
Die EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine im Februar 2022 Pläne vorgestellt, um den Weltmarktanteil der EU bei Halbleitern bis zum Jahr 2030 auf 20 Prozent mehr als zu verdoppeln.
Der Präsident des Branchenverbands Bitkom, Achim Berg, sagte, das Gesetz sei überfällig und müsse schnellstmöglich Wirkung entfalten. »Die USA haben mit ihrem Chips and Science Act bereits im Sommer 2022 vorgelegt und Fördermittel von 52,7 Milliarden US-Dollar frei gemacht.« Europa sei vergleichsweise spät dran. Allein in Deutschland seien neun von zehn Industrieunternehmen in der Produktion auf Halbleiter angewiesen, für 80 Prozent seien sie unverzichtbar.
Halbleiter werden derzeit zu einem großen Teil in Taiwan, China und Südkorea hergestellt. Vor dem Hintergrund chinesischer Drohungen gegen Taiwan war zuletzt die Sorge gewachsen, es könne zu einer ernsten Halbleiter-Krise kommen.
In eigener Sache: dieses Projekt erinnert an 2013, als unter der Bezeichung "10/100/20" etwas vergleichbares an den Start gegangen ist. Das Ziel: mit 10 mrd € von der EU und 100 mrd € von der Industrie bis 2020 einen Weltmarktanteil von 20% für die europ. Chipindustrie zu erreichen (zur Erninnerung: in 2012 betrug dieser Anteil gerade einmal 9,3%).
Was ist damit erreicht worden? Wohin sind die Gelder (wenn überhaupt) geflossen?
Wir hatten damals auf der SEMICON Europe 2013 einen Vortrag zum damit verbundenen Thema "Fachkräftebeschaffung" gehalten: es war seinerzeit die Rede von 250.000 neuen Arbeitsplätzen, und das wäre sicher die größere Herausforderung für alle Beteiligten geworden...
Bleibt zu hoffen, dass diesmal (in einem arbeitstechnisch viel "engeren" Markt) sowohl die Gelder als auch die Fachkräftebeschaffung und -qualifizierung besser funktioniert!
Übrigens: sowohl den Vortrag als auch die Präsentation finden Sie auf dieser Webseite unter dem Reiter PRÄSENTATION zum ansehen bzw. downloaden.
Sie stecken in Autos, Smartphones und Elektrogeräten – doch Chips sind Mangelware: Nun will die EU mit einem Milliardenprogramm gegensteuern. In Deutschland wird das begrüßt. Denn bestimmte Bundesländer sind wichtige Standorte für die Produktion von Halbleitern.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte, die Einigung beim sogenannten Chips Act sei ein »klares Signal der Wettbewerbsfähigkeit« gegenüber anderen Regionen wie Asien und Nordamerika. Europa müsse über strategische Technologien verfügen, um auf Augenhöhe agieren zu können. »Das ist ein wichtiger Schritt für Europa«, sagte der CDU-Politiker.
In Deutschland könnte vor allem Sachsen-Anhalt von der Förderung durch das Chip-Gesetz profitieren. Im März 2022 hatte der US-Chiphersteller Intel bekannt gegeben, dass in Magdeburg ab 2027 Chips der neuesten Generation produziert werden sollen. Darüber hinaus will der Chipkonzern Infineon in diesem Herbst mit dem Bau eines neuen Werks in Dresden beginnen. Es sollen rund 1000 Arbeitsplätze entstehen.
Haseloff sagte, mit der Einigung gebe es nun klar strukturierte Rahmenbedingungen für die Förderung von Investitionen in die Halbleiterindustrie.
Auch Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig bezeichnete die Einigung auf das Gesetz als »sehr gut und für Sachsen extrem wichtig«.
Dort ist das sächsische Branchennetzwerk Silicon Saxony aktiv. »Der EU Chips Act schafft Investitions- und Planungssicherheit für Halbleiterunternehmen und deren Zulieferer«, sagte dessen Geschäftsführer Frank Bösenberg.
Vor allem die europäische Zulieferindustrie in den Bereichen Chip-Design, Chemikalien, Wafer- und Maskenherstellung sowie Automatisierung werde gestärkt. Zudem beweise Europa Handlungsfähigkeit.
Abhängigkeit soll verringert werden
Am Dienstagabend war bekanntgegeben worden, dass die EU 43 Milliarden Euro für den Ausbau der Mikrochipindustrie in der Gemeinschaft mobilisieren will. Die Investitionen sollen unter anderem aus dem EU-Haushalt und der Privatwirtschaft kommen, wie die schwedische Ratspräsidentschaft mitteilte.
Europaparlament und EU-Staaten müssen der Einigung noch formell zustimmen. Das gilt aber als Formsache.
Mit dem Chip-Gesetz soll vor allem die Abhängigkeit von asiatischen Ländern verringert werden. Halbleiter werden etwa für Produkte wie Autos, Haushaltsgeräte, Handys und viele andere Waren gebraucht. Bereits während der Coronapandemie gab es weltweit Engpässe bei den gefragten Mikrochips. In der Automobilindustrie mussten Unternehmen sogar die Produktion drosseln oder einstellen.
Chips werden in zahlreichen Branchen dringend benötigt. Ziel ist es auch, dass der EU-Anteil auf dem Weltmarkt für Chips bis 2030 von knapp 10 auf 20 Prozent wächst. EU-Industriekommissar Thierry Breton betonte, die neuen Kapazitäten sollen nicht nur den eigenen Bedarf in der EU decken, sondern auch in die übrige Welt exportiert werden.
Die EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen hatte bereits vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine im Februar 2022 Pläne vorgestellt, um den Weltmarktanteil der EU bei Halbleitern bis zum Jahr 2030 auf 20 Prozent mehr als zu verdoppeln.
Der Präsident des Branchenverbands Bitkom, Achim Berg, sagte, das Gesetz sei überfällig und müsse schnellstmöglich Wirkung entfalten. »Die USA haben mit ihrem Chips and Science Act bereits im Sommer 2022 vorgelegt und Fördermittel von 52,7 Milliarden US-Dollar frei gemacht.« Europa sei vergleichsweise spät dran. Allein in Deutschland seien neun von zehn Industrieunternehmen in der Produktion auf Halbleiter angewiesen, für 80 Prozent seien sie unverzichtbar.
Halbleiter werden derzeit zu einem großen Teil in Taiwan, China und Südkorea hergestellt. Vor dem Hintergrund chinesischer Drohungen gegen Taiwan war zuletzt die Sorge gewachsen, es könne zu einer ernsten Halbleiter-Krise kommen.
In eigener Sache: dieses Projekt erinnert an 2013, als unter der Bezeichung "10/100/20" etwas vergleichbares an den Start gegangen ist. Das Ziel: mit 10 mrd € von der EU und 100 mrd € von der Industrie bis 2020 einen Weltmarktanteil von 20% für die europ. Chipindustrie zu erreichen (zur Erninnerung: in 2012 betrug dieser Anteil gerade einmal 9,3%).
Was ist damit erreicht worden? Wohin sind die Gelder (wenn überhaupt) geflossen?
Wir hatten damals auf der SEMICON Europe 2013 einen Vortrag zum damit verbundenen Thema "Fachkräftebeschaffung" gehalten: es war seinerzeit die Rede von 250.000 neuen Arbeitsplätzen, und das wäre sicher die größere Herausforderung für alle Beteiligten geworden...
Bleibt zu hoffen, dass diesmal (in einem arbeitstechnisch viel "engeren" Markt) sowohl die Gelder als auch die Fachkräftebeschaffung und -qualifizierung besser funktioniert!
Übrigens: sowohl den Vortrag als auch die Präsentation finden Sie auf dieser Webseite unter dem Reiter PRÄSENTATION zum ansehen bzw. downloaden.