NewsAktuelles

DER SPIEGEL: Wie sich Unternehmenskultur bezahlt macht Glückliche Mitarbeiter, Geld in der Kasse
Was macht Unternehmen erfolgreich? Viele Chefinnen und Chefs glauben: Strategie, Führung, Prozesse. Dabei bringt eine gute Unternehmenskultur viel mehr – auch finanziell, wie eine neue Studie zeigt.

Unternehmen, die wachsen und gedeihen wollen, sollten vor allem auf eine gute Firmenkultur setzen. Eine Befragung von weltweit 500 Vorstandschefs, darunter 50 aus großen deutschen Unternehmen, zeigt: Firmen, deren Chefs die Unternehmenskultur an erster Stelle der Erfolgsfaktoren sehen, erzielen ein doppelt so hohes Wachstum wie die, die das nicht tun.

Die Studie von Heidrick Consulting, einem Geschäftsbereich der Personalberatung Heidrick & Struggles, befragte Vorstandsvorsitzende von Konzernen mit einem Umsatz von mehr als 2,5 Milliarden US-Dollar (gut 2,12 Milliarden Euro) aus neun führenden Wirtschaftsnationen (USA, China, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Kanada, Brasilien und Australien) darüber, wie aus ihrer Sicht Kultur und wirtschaftlicher Erfolg zusammenhängen.

Grundvertrauen ist wichtig

»Bei der Unternehmenskultur sind verschiedene Aspekte wichtig: Gibt es ein Grundvertrauen? Wie geht man mit Fehlern um? Ist mir klar, wofür ich meinen Beitrag leiste? Werden meine Ideen gehört? Gibt es eine grundlegende Bereitschaft, sich zu engagieren, einander zu helfen und Wissen zu teilen?«, erläutert Studien-Co-Autor Jens Vogt, Partner von Heidrick Consulting.

Die überwiegende Mehrzahl der befragten deutschen Vorstandsvorsitzenden gaben an, dass sie das Thema Unternehmenskultur in den vergangenen drei Jahren als Schlüsselpriorität behandelt haben. Das überrascht wenig – was sollten sie auf eine solche Frage auch antworten? »Wenn man Unternehmen fragt, ob die Kultur im Fokus steht, bekommt man in der Regel eine politisch korrekte und sozial erwünschte Antwort – niemand wird sagen, Unternehmenskultur spiele keine Rolle.

Anders sieht es aber aus, wenn man fragt, welche Faktoren für den Unternehmenserfolg verantwortlich sind«, so Vogt. »Ich fand frappierend, wie weit das zum Teil auseinanderklaffte – die meisten Chefs finden, dass Strategie, Führung, Prozesse und Regeln entscheidend sind. Unsere Ergebnisse belegen, dass das so nicht stimmt und dass die Kultur entscheidend zum Unternehmenserfolg beiträgt. Es ist erstaunlich, wie viele Firmen das eigentlich wissen, aber viel zu wenig daraus machen.«

Je Kultur, desto Gewinn

Denn dieselben CEOs antworteten auf die Frage, was die wichtigsten Treiber des finanziellen Erfolgs seien, zumeist mit »Strategie« (weltweit 51 Prozent, in Deutschland 48 Prozent), »Führung« (39 Prozent, in Deutschland 38 Prozent) und »Prozess und Regeln« (38 Prozent, in Deutschland 36 Prozent). Die Unternehmenskultur war bei den meisten nicht in der Top-3-Liste.

Die Studie filterte nun jene Firmen heraus, deren Lenker fanden: Wirtschaftlicher Erfolg hängt mit Investitionen in die Unternehmenskultur zusammen. Das waren in Deutschland 14 Prozent – weltweit ist das die dritthöchste Quote nach den USA (18 Prozent) und Kanada (16 Prozent).
Über drei Jahre gemessen, erreichten diejenigen der 500 weltweit untersuchten Firmen, die von derart kulturbewussten Chefinnen und Chefs geführt wurden, ein Wachstum von 9,1 Prozent – die anderen Unternehmen kamen nur auf 4,4 Prozent. »Je intensiver CEOs kulturelle Aspekte konsequent in die Organisation tragen, desto besser kann sich deren finanzielle Leistungsfähigkeit entwickeln«, so Vogt.

Er erläutert: »Unternehmenskultur entsteht sowieso – aber man kann sie aktiv prägen oder hinnehmen, dass sie die Menschen prägt, auch negativ. Wer Kultur nur als Projekt in der Personalabteilung sieht, ist schon fast gescheitert. Das muss ganz oben aufgehängt sein. Es gibt den »shadow of leadership«: Wer als oberste Führungskraft im Rampenlicht steht, wirft einen gewaltigen Wirkungsschatten. Wie sich das Topmanagement im Flur, in Meetings, in Einzelgesprächen verhält, ist von immenser Bedeutung für die Unternehmenskultur.«

Er sieht mehrere Hebel dafür, wie sich eine Unternehmenskultur gut verankern lässt: »Führungskräfte coachen, zeigen, welche Botschaften eigentlich bewusst oder unbewusst an die Mitarbeitenden gesendet werden, alle Systeme vom Recruiting bis zur Bonusvergabe anpassen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen die emotionale Erfahrung machen: Das hier ist ernst gemeint.«

Einen Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und finanziellem Erfolg sehen die Firmenlenker allerdings eher für das Unternehmen als für die Mitarbeiter. Knapp ein Drittel der Chefinnen und Chefs gaben weltweit wie auch in Deutschland an, primäres Ziel einer Fokussierung auf die Firmenkultur sei die Verbesserung der finanziellen Performance; aber nur 20 Prozent (weltweit 24 Prozent) halten es für wichtig, kulturell erwünschtes Verhalten der Mitarbeitenden auch finanziell zu belohnen.

Ein Artikel von Maren Hoffmann