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HOMEOFFICE: Segen oder Fluch?
Die Führung eines Unternehmens unterliegt Trends genauso wie die Mode: Alle paar Jahre werden angeblich „neue“ Ideen lanciert, die die Firmen fit für die Zukunft machen und/oder diese besser für den internationalen Wettbewerb aufstellen sollen, meistens jedoch zum Wohle von Strategieberatern, Investmentbankern, etc.

Ein Beispiel gefällig? Der regelmäßige Wechsel zwischen „Übernahme von anderen Unternehmen zur Schaffung von Synergien“, und der „Konzentration auf die Kernkompetenzen“. Für diejenigen, die schon länger dabei sind: Möglicherweise erinnern Sie sich noch an Mercedes-Benz und seine Entwicklung zum Technologiekonzern (DASA, Chrysler, usw.) unter Schrempp…

Grundsätzlich spricht ja nichts dagegen, wenn ein Unternehmen sich regelmäßig auf den Prüfstand stellt und seine Aufstellung überdenkt. Und auch Strömungen können ein hilfreiches Zeichen setzen, sofern die Verantwortlichen nicht das Gesamtbild aus den Augen verlieren.

Corona hat nun einen Trend eingeleitet, der -ohne die Pandemie- in dieser Form nie und nimmer denkbar gewesen wäre, zumindest nicht in Deutschland: Der Drang zum Homeoffice ist übermächtig, und scheint der Heilsbringer der Zukunft zu sein.


HOMEOFFICE => Die Zukunft?

Die Pandemie hat Prozesse in Gang gesetzt, die bis vorgestern noch undenkbar erschienen: Videokonferenzen auf dem Laptop, Meetings online, virtuelle Besprechungen, alles Dinge, die in einer präsenz-geprägten Volkswirtschaft wie der deutschen bis vor kurzem unmöglich erschienen.
Dabei hat sich herausgestellt, wie schlecht die meisten Unternehmen herauf vorbereitet gewesen sind.

Doch dann passierte etwas, womit niemand gerechnet hat: Die Mitarbeiter machten all dies mit, die Produktivität sank nicht, gleichzeitig entstand eine neue Lockerheit im Umgang.

Also alles gut? Homeoffice => die Zukunft? Leider nicht, und zwar aus einer Reihe von Gründen:


Homeoffice schadet der Gesundheit

Schon seit längerem warnen Ärzte in Sachen Rückenschmerzen wegen Laptop-Arbeit am Küchentisch oder auf dem Sofa.

Sehr viele Menschen haben eben keinen spezifischen Arbeitsplatz inkl. ergonomischen Stuhl für die Arbeit am Bildschirm. Und selbst wenn die Arbeitgeber hier aushelfen: Die Meisten haben in ihrer Wohnung einfach keinen Platz für Schreibtisch, ergonomischen Stuhl und großen Bildschirm. Die Folgen werden wir erst in Jahren sehen, siehe auch die Haltung derer, die dauernd auf ihr Smartphone starren…

Hinzu kommen die psychischen Probleme. In Unternehmen, in denen wg. Zeiterfassung gestempelt wird, ist die Arbeitszeit ohnehin klar geregelt. Bei vielen ist dies aber nicht vorgesehen, dort gibt es dann eine Art „gefühlte“ Arbeitszeit. Wenn aber der Zusammenhalt im Büro fehlt, fallen diese eingeschliffenen Verhaltensmuster aus => Der Rhythmus geht verloren und damit eine gewisse Struktur im Alltag, die durchaus hilfreich ist.


Homeoffice schadet der Karriere

Karriere ist nicht ausschließlich Leistung, sondern auch die Entwicklung und Pflege der zwischenmenschlichen Komponenten: Sie müssen sich vernetzen, das Unternehmen, seine Kultur und seine Eigenarten verstehen und mit Ihren Vorgesetzten positiv interagieren.

Aber: Wie wollen Sie das von zuhause aus machen? Wie soll ein Vorgesetzter einen Mitarbeiter beurteilen, den er nur vorm Bildschirm kennt? Natürlich ist das machbar, aber: geben Sie mir einen Mitarbeiter, der vom Homeoffice arbeitet und einen anderen, den ich regelmäßig im Büro sehe… Wen werde ich bei der anstehenden Beförderungsrunde bevorzugen?

Und vergessen Sie nicht den „Flurfunk“, den „kurzen Dienstweg“, den täglichen Kontakt in Kantine, Teeküche oder am Kaffeeautomat! Gerade hier werden oft genug die Weichen für die Karriere gestellt. Alles Chancen, die bei einer Homeoffice-Lösung wegfallen.


Homeoffice und neue Mitarbeiter?

Was machen Sie, wenn Sie einen neuen Mitarbeiter an Bord holen? Wie wollen Sie ihn/sie einarbeiten? Wie soll er/sie in das Team integriert werden, wenn er/sie keine Möglichkeit hat, die Kolleginnen und Kollegen persönlich kennen zu lernen? Wie soll der/die Neue ein Gefühl für Strukturen, für Organisationsabläufe, für Prozesse entwickeln, wenn er/sie alle nur digital erlebt? Es wird nicht funktionieren: Der/die Neue wird auf Dauer isoliert bleiben.


Ergebnis: Homeoffice erodiert die Unternehmenskultur

Die vorangehenden Punkte zeigen das eigentliche Problem auf: die Erosion der Unternehmenskultur. Bereits heute gibt es Unternehmen, die nicht mehr jedem Mitarbeiter einen festen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Doch ist das wirklich klug? Wo bleibt die Identifikation mit der eigenen Arbeit, der sichere Halt des eigenen Schreibtischs, der vertraute Rahmen zwischen Konferenzraum und Kantinentisch?

Mitarbeiterbindung ist auch ein Ergebnis von der Bereitstellung von Strukturen und Prozessen, die dem Tagesablauf einen Rahmen geben, der Sicherheit und Vertrauen vermittelt. Und das ist im Homeoffice nur eingeschränkt, wenn überhaupt, möglich. Das Ergebnis: ein wachsender Anteil an „Arbeitsnomaden“, die virtuell und projektspezifisch unterwegs sind, aber keinerlei Bindung zum Arbeitgeber aufbauen werden. Wollen Sie das?